Mar
22.12

Showdown in Iran?

Artikel unter Doku-Film |

Der Streit um das iranische Atomprogramm schwelt schon seit Jahren. Nun wagt die EU einen Showdown: Mit der Blockade aller Ölimporte will der Westen den Iran wirtschaftlich in die Knie zwingen.

Das ist ein Angriff auf die wichtigste Einnahmequelle des Gottesstaates. Immerhin erzielt der Iran zwei Drittel seiner Staatseinnahmen mit dem Verkauf von Öl. Doch die Sanktionen gegen den Iran sind ein zweischneidiges Schwert. Denn der Druck von außen hilft den Machthabern in Teheran, von den eigenen Schwächen abzulenken. Die eigene Währung verliert massiv an Wert. Aufgrund fehlender Devisen stockt auch der Import neuer Waren. Viele Elektrogeräte, Computerteile, Handys aber auch dringend notwendiges medizinisches Gerät sind kaum noch zu bekommen. Statt der Mullahs, auf die die Sanktionen abzielen, treffen sie schon jetzt vor allem die Bevölkerung.

http://www.3sat.de/page/?source=/boerse/magazin/161107/index.html

 

Mar
19.12

Noruz – Das persische Neujahrsfest

Artikel unter Herkunftslander-IRAN |

Persisch: Noruz
Weitere Schreibweisen: Nowruz (UNO-Schreibweise), Nowrouz, Nawruz, Nawroz, Norouz, Norooz, Nauruz, Nauroz
Bedeutung: Neuer Tag (sinngemäß: Neues Jahr) | Ursprünglich: Neues Licht


Noruz – Der gedeckte Haft-Sin Tisch

 

Noruz, oder auch Nowruz, ist das altpersische Neujahrsfest zarathustrischen Ursprungs, das am 20. oder 21. März gefeiert wird. Noruz wird oft auch als das Persische Neujahrsfest bezeichnet. Der Frühlingsanfang und zugleich das persische Neujahr richten sich nach der jährlichen Frühlings-Tagundnachtgleiche, an dem die Sonne senkrecht über dem Äquator steht. Noruz gehört mit Abstand zu den wichtigsten Feierlichkeiten und Ereignissen in der persischen Kultur und wird seit mindestens 3000 Jahren von allen iranischen Völkern zelebriert.

Etymologie


 

Noruz besteht aus zwei Wörtern, dem No und dem Ruz.

No bedeutet Neu und entwickelte sich aus dem Altpersischen Nava. Das persische Wort No ist verwandt mit dem deutschen Wort Neu oder englischen New, die alle aus dem Ur-indogermanischen entstanden sind.

Ruz bedeutet Tag und entwickelte sich aus dem ur-indoiranischen Rautscha, dieses wiederum aus dem ur-indogermanischen Leuk, was "Licht" bedeutete, daher "Tag" im Persischen. Aus dem ur-indogermanischen Leuk stammen auch die Wörter Licht im Deutschen, Lux auf Latein und Light im Englischen. In den iranischen Sprachen, zu dem das Persische gehört, erfolgte eine Lautverschiebung vom "L" zum "R". In der altiranischen Sprache Avestisch wurde Rautscha ebenfalls für Licht benutzt.

Geschichte

Das Noruz-Fest ist ein altpersisches/altiranisches Neujahrsfest zarathustrischen Ursprungs und wird seit mindestens 3000 Jahren gefeiert. Noruz ist tief in der zarathustrischen Religion verankert und gehört zu den heiligsten Feierlichkeiten bzw. Zeremonien der Zarathustrier. Da die Perser und auch die meisten anderen iranischen Völker über tausende Jahre hinweg Zarathustrier waren, festigte sich Noruz nicht nur in der persischen, sondern auch in allen anderen iranischen Kulturen. Schon vor mehreren tausend Jahren wurde Noruz mit großem Aufwand gefeiert. Während der Achämenidendynastie (559 – 330 v. Chr.) markierte Noruz den offiziellen Neujahrsbeginn, der mit königlichen Festen am Hofe von Persepolis begrüßt wurde. Die Reliefs von Persepolis zeigen die Gesandten aller Völker des Perserreichs, die vermutlich zu Noruz dem persischen Großkönig die Geschenke überbrachten.

Die Britin Mary Boyce, eine international hoch anerkannte Iranistin mit Schwerpunkt Zarathustrismus, sah den Ursprung von Noruz beim Religionsstifter Zarathustra selbst. Noruz gehört neben den sechs Gahambar-Festen zu den sieben heiligsten Feierlichkeiten, wobei Noruz das Wichtigste ist. Der persische Dichter Ferdowsi berichtete in seinem im 11. Jhd. verfassten Nationalepos Schahnameh sogar davon, dass auch der legendäre König des Irans Dschamschid das Neujahrsfest Noruz am königlichen Hofe zelebrierte. Dschamschid ist einer der bedeutendsten Persönlichkeiten im Schahnameh und in zarathustrischen Texten. Die offizielle Einführung von Noruz soll auf ihn zurückgehen. Die Parsen in Indien, Perser die vor den Arabern im 7. Jhd. geflohen waren, nennen daher Noruz bis heute noch Dschamschidieh Noruz.


 

Heute wird Noruz in mehreren Ländern offiziell gefeiert. Darunter zählen neben Iran, Afghanistan und Tadschikistan, auch Nord-Irak (Kurdengebiete), Kasachstan, Kirgistan, Aserbaidschan, Usbekistan, Turkmenistan, Türkei und inoffiziell oder eingeschränkt akzeptiert in einigen anderen asiatischen Staaten. Abgesehen von den Zarathustriern selbst, nimmt Noruz auch bei den folgenden ethnischen oder religiösen Gruppen oder Ländern eine besondere Stellung ein: Indien, Kurden, Sufis, Bahais, Armenien, Bosnien, Georgien, Mazedonien, Pakistan, Serbien, bei den Uiguren in China, in Russland und einigen arabischen Ländern wie Syrien. Nach Angaben der UN feiern jährlich mehr als 300 Mio. Menschen das persische Neujahrsfest Noruz.

Am 30. September 2009 nahm die UNESCO Noruz in die Liste des Menschheitskulturerbes bzw. UNESCO-Welterbes auf. Am 23. Februar 2010 wurde von der Generalversammlung der Vereinten Nationen der 21. März zum Internationalen Noruz-Tag erklärt:

Zitat aus dem Originaltext der Vereinten Nationen:
"The General Assembly this afternoon recognized the International Day of Nowruz, a spring festival of Persian origin,[...] Nowruz, which means new day, is celebrated on 21 March, the day of the vernal equinox, by more than 300 million people worldwide as the beginning of the new year [...]" Offizielle Erklärung der Vereinten Nationen

Übersetzung:
"Die Generalversammlung erkannte diesen Nachmittag den Internationalen Noruz-Tag an, ein Frühjahrsfest mit persischem Ursprung, [...] Noruz, das Neuer Tag bedeutet, wird am 21. März, dem Tag der Frühlings-Tagundnachtgleiche, von mehr als 300 Millionen Menschen weltweit als der Beginn des neuen Jahres gefeiert [...]"

Haft Sin

Der wohl am weitesten verbreitete Brauch ist der Haft-Sin Tisch. Das Haft-Sin steht für den gedeckten Tisch mit den "Sieben-S" Zutaten und Objekten. Das persische Haft bedeutet "Sieben", das Sin ist der persische Buchstabe "S". Dabei gibt es traditionell mehr oder minder festgelegte Zutaten bzw. Objekte, die auf jedem Tisch stehen sollten. Dazu zählen unter anderem:

 
  • Sabzi: Gräser (wörtlich Grünzeug) aus Weizen- oder Linsenkörnern. Symbol für das neue Leben.
  • Sir: Knoblauch. Symbol für die Medizin.
  • Sib: Äpfel. Symbol für die Schönheit und Gesundheit.
  • Serkeh: Essig. Symbol für die Geduld und das Alter.
  • Samanu: süsse und selbstgemachte Mehlspeise. Symbol für gute Ernte.
  • Sendsched: die getrockneten Früchte der schmalblättrigen Ölweide. Symbol für die Liebe.
  • Seke: Münzgeld. Symbol für Reichtum.

Weitere zumeist verwendete Zutaten oder Objekte sind:

  • Somāq: Getrockneter und gemahlener Gewürzsumach. Symbol für den Sonnenaufgang.
  • Sonbol: Hyazinthen. Symbol für die Natur.
  • Persische Süssigkeiten und Backwaren: z.B. Noqle, Sohan, Biscuits, Gaz, etc.
  • Ādschil: Getrocknete Nüsse und Beeren
  • Kerzen: das Feuer ist ein heiliges Symbol im Zarathustrismus. Symbol für Licht und Fröhlichkeit. Oft werden soviele Kerzen aufgestellt, wie Personen im Haushalt.
  • Spiegel: Symbol für die Wahrheit, Ehrlichkeit und Reinheit.
  • Bemalte Eier: Symbol für die Fruchtbarkeit
  • Goldfische: die Goldfische gehören zu den ältesten Objekten des Haft-Sin Tisches, da ihnen im Zarathustrismus eine besondere Bedeutung zukommt. Sie stehen symbolhaft für den Kara Māhi, dem Kara Fisch, aus dem Vourukascha See, einem mythischen Fisch der gegen schädliche Kreaturen kämpfte.
  • Rosenwaser: dem Rosenwaser wird eine heilende und wohltuende Wirkung zugesprochen.
  • Heiliges Buch: z.B. Avesta, Koran, Bibel, abhängig von der Glaubensrichtung. Traditionell korrekt wäre jedoch nur die Avesta, da es sich hierbei um ein zarathustrisches Fest handelt. Verwendet werden jedoch auch poetische Bücher wie der Divan-e Hafez von Hafez oder das Nationalepos Schahnameh von Ferdowsi.

Tschahar-Schanbe-Suri

Am Abend des letzten Mittwochs vor dem Noruz wird das Tschāhār-Schanbe-Suri gefeiert und das Mittwochsfeuer angezündet. Tschahar-Schanbe bedeutet Mittwoch, Suri Röte oder hier sinngemäß Feuer. Das Tschahar-Schanbe-Suri gehört zu den bedeutendsten Ritualen der Noruz-Feierlichkeiten. Dabei spielt das Feuer eine große Rolle, da das Feuer das zentrale und heiligste Symbol im Zarathustrismus ist. Es steht symbolhaft für Gott, ein heiliges Element das Leben erschafft und zerstört. Es werden große und kleine Feuer entzündet, über die dann gesprungen wird, währenddessen dem Feuer Gesänge zugerufen werden. Ein Gesang entwickelte sich im Laufe der Zeit zum traditionellen Spruch, den man dem Feuer zurief: "Sorchi-je to az man, Zardi-je man az to". Übersetzt bedeutet dies: "Meine Schwäche (Krankheit) an dich, deine Stärke an mich". Im Zarathustrismus wird empfohlen, dass jeder mindestens einmal übers Feuer springt. Da es für Kinder zu gefährlich ist, über ein offenes Feuer zu springen, werden kleine Feuer angezündet. Die Eltern nehmen dann die Kinder an den Händen und heben sie im sicheren Abstand übers Feuer. In Persien werden in den letzten Jahren auch zusätzlich vermehrt Feuerwerkskörper benutzt.


 

Sizdah-Bedar, das am 13. Tag nach dem Neujahr stattfindet, markiert das Ende der rund 2 Wochen andauernden Feierlichkeiten des Noruz. Wörtlich übersetzt bedeutet Sizdah-Bedar soviel wie "die 13 zur Tür hinaus", da es sich bei der "Dreizehn", wie auch in einigen anderen Kulturkreisen oder Religionen, um eine Unglückszahl handelt. Sinngemäß bedeutet Sizdah-Bedar "den dreizehnten Tag passieren lassen" oder "wegschicken". Am dreizehnten Tag nach Noruz sollen auch die "bösen Geister" oder die Div´s die Häuser besuchen, Dämonen des Teufels Ahriman, dem Widersacher des Gottes Ahura Mazda. Dieser Tag wird daher zumeist in der freien Natur, in Parks oder mit Ausflügen verbracht, an dem die Familie zusammenkommt. Beliebt sind Picknicks in Parks oder in der freien Natur an Flüssen. An diesem Tag wird auch der Haft-Sin Tisch abgedeckt. Die Süssigkeiten sind rasch von den Kindern gegessen. Die Gräser werden büschelweise zusammengeknotet, während man sich etwas wünscht. Anschließend werden diese in einen fließenden Fluss geworfen, ohne ihnen nachzusehen, da dies Unglück bringen soll. Die Goldfische werden traditionell ebenfalls freigelassen. Im Baq-e Eram Garten in Schiraz ist dies besonders beeindruckend sichtbar, da sich dort im Fischteich mitterweile mehrere tausend Goldfische tummeln, von denen manche eine beträchtliche Größe erreicht haben.

Neujahrsessen

Das traditionelle Neujahrsessen ist Sabzi Polo Māhi, Reis mit grünen Kräutern und gebratenem Fisch.

Chuneh-Tekouni

Chuneh-Tekouni, das "Haus-wackeln" bzw. der "Hausputz", findet traditionell vor den Noruz-Feierlichkeiten statt. Dabei wird das ganze Haus geputzt, Staub gewischt, die Fenster geputzt, neue Einrichtung und meistens auch neue Kleider gekauft. Der Frühjahrsputz wird von allen iranischen Völkern durchgeführt. Dies ist symbolhaft für das neue Leben oder das neu erwachende Leben im Frühjahr, da auch hier die Bäume und Pflanzen neu blühen.

Hadschi-Piruz


 

Noruz wird von Hādschi-Piruz, dem "Herrn des Erfolgs", früher Chwādscha Piruz, eingeleitet. Der zumeist sehr lustige Mann mit schwarz geschminktem Gesicht, rotem Gewand und langer Mütze gehört zu den beliebtesten Figuren des Noruz. Hadschi Piruz symbolisiert vermutlich dabei die sumerische Gottheit des Opfers Domuzi, der vor jedem Noruz stirbt und danach wieder zum Leben erwacht. Diese Figur wurde höchstwahrscheinlich von der mesopotamischen Kultur adoptiert, "iranisiert" und weitergeführt, währenddessen bei den nicht-iranischen Völkern Mesopotamiens sich diese Figur verliert.

Nichtsdestotrotz stellt Hadschi-Piruz eine lustige, aufmunternde und beliebte Figur dar, die singend und scherzend die Gemüter der Zuschauer erfreut. Der wohl beliebteste Gesang von Hadschi-Piruz ist:

Persisch:
Arbāb-e chodam salām o aleikom
Arbāb-e chodam sare to bālā kon
Arbāb-e chodam be man negā kon
Arbāb-e chodam lotfi be mā kon
Arbāb-e chodam boz-boz-e qandi
Arbāb-e chodam cherā nemichandi

Deutsch:
Mein Herr ich grüße dich
Kopf hoch mein Herr
Schau mich an mein Herr
Tu mir einen Gefallen mein Herr
Mein Herr, der Hirt der Ziegen
Wieso lachst du nicht mein Herr
 

Amu Noruz

Eine weitere Figur des Noruz ist der Amu Noruz, der "Onkel Noruz". Amu Noruz ist eine sehr mythische und alte Figur in der iranischen Mythologie und symbolisiert die Freundschaft, Liebe und Barmherzigkeit. Zumeist ist dieser in einem weißen Gewand gekleidet, mit einer langen Mütze und trägt einen langen weißen Bart. Dies lässt die Vermutung zu, dass es sich hierbei möglicherweise um einen zarathustrischen Priester handelte.
 

http://www.nirupars.com/kunst-kultur/kultur-tradition/noruz.php

Feb
16.12

Flüchtlingsanerkennung, Iran, Araber, Hezb-hi-Wefagh

 
 
Leitsatz:

Flüchtlingsanerkennung wegen Aktivitäten für die arabische Minderheit im Iran. Die Lage ethnischer Minderheiten ist im Iran durch vielfältige Einschränkungen in kultureller, wirtschaftlicher und politischer Hinsicht gekennzeichnet. Die immer wieder laut werdenden Forderungen nach größerer Autonomie führen zu sehr energischen staatlichen Repressionen, da diese als separatistische Bedrohung des Systems empfunden werden.

Schlagwörter:
Flüchtlingsanerkennung, Iran, Araber, Hezb-hi-Wefagh,

Normen:
AufenthG § 60 Abs. 1, AsylVfG § 3 Abs. 4

Auszüge:
 

[...]

Das Gericht ist aufgrund der Angaben des Klägers, der beigezogenen Behördenakte und nach Auswertung der in das Verfahren eingeführten Dokumente und Quellen zu der Auffassung gelangt, dass der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft hat. Bei ihm liegen die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG vor.

 Die Angaben des Klägers zu seinen politischen Aktivitäten erscheinen dem Gericht insgesamt glaubhaft. Seine Erklärungen anlässlich seiner informatorischen Anhörung in der mündlichen Verhandlung, mit denen der seine bereits gegenüber dem Bundesamt gemachten Angaben detaillierter beschrieben hat, ohne dabei in wesentlichen Punkten von der bisherigen Darstellung seines Verfolgungsschicksals abzuweichen, hält der Einzelrichter nach seinem persönlichen Eindruck für wahr.

 Die Lage ethnischer Minderheiten, zu denen die Araber zählen, ist im Iran durch vielfältige Einschränkungen in kultureller, wirtschaftlicher und politischer Hinsicht gekennzeichnet (vgl.: GfbV vom 30.06.2006, "Die Araber im iranischen Khuzestan"; Deutsches Orient-Institut an VG Köln vom 08.07.2007; AA Lagebericht Iran vom 28.07.2010). Die immer wieder laut werdenden Forderungen dieser Gruppen nach größerer Autonomie führen zu sehr energischen staatlichen Repressionen gegen diese als separatistisch empfunden Forderungen. Die von der Regierung als existenziell wahrgenommene Bedrohung des Systems durch die Oppositionsbewegung führt dazu, dass diese mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln bekämpft wird. Elementare Menschen- und Freiheitsrechte sowie zivilgesellschaftliche Spielräume bleiben hierbei auf der Strecke. Zwar kann die Tätigkeit des Klägers für die Organisation Hezb-hi-Wefagh nicht als hochprofiliertes oppositionelles Engagement gegen das iranische Regime bewertet werden, jedoch zeigen die im Zusammenhang mit Bombenanschlägen in der Stadt Ahwaz im Jahr 2005 bekannt gewordenen Todesstrafen gegen arabische Volkzugehörige (ai, urgent action vom 02.04.2007) ebenso wie aktuelle Berichte über Zusammenstöße arabischer Demonstranten mit iranischen Sicherheitskräften im April 2011 (Human Rights Watch "Investigated Reported Killings of Demonstrators" vom 29.04.2011), dass der Kläger wegen des grundsätzlich kaum voraussehbaren Verhaltens der Sicherheitskräfte gegenüber echten oder scheinbaren politischen Oppositionellen im Falle seiner Rückkehr in den Iran begründete Furcht vor Verfolgung haben muss. [...]

http://www.asyl.net/index.php?id=185&tx_ttnews%5Btt_news%5D=43731&cHash=f2e5837b952e652818a009856090f922

Feb
16.12

IRANISCHEN KURDEN DROHT HINRICHTUNG

Der Oberste Gerichtshof hat die gegen Loghman Moradi und Zaniar Moradi verhängten Todesurteile bestätigt. Den beiden iranischen Kurden droht nun jederzeit die Hinrichtung.

Loghman Moradi und Zaniar Moradi waren am 22. Dezember 2010 in einem Berichten zufolge 20-minütigen Prozess von der 15. Kammer des Revolutionsgerichts in Teheran zum Tod durch Erhängen verurteilt worden. Das Gericht hatte die beiden Kurden der "Feindschaft zu Gott" (moharebeh) und der "Verdorbenheit auf Erden" schuldig gesprochen, weil sie am 4. Juli 2009 in Marivan, einer Stadt in der im Nordosten des Landes gelegenen Provinz Kurdistan, den Sohn eines hohen Geistlichen ermordet haben sollen. Darüber hinaus hatte das Gericht die beiden Männer für schuldig befunden, in bewaffnete Aktivitäten der kurdischen Oppositionsgruppe Komala verwickelt gewesen zu sein. Loghman Moradi und Zaniar Moradi legten Rechtsmittel ein, die jedoch laut einer Meldung vom 12. Oktober 2011 vom Obersten Gerichtshof abgewiesen wurden. Es hieß, die beiden Männer seien mündlich über die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs informiert worden. Amnesty International geht derzeit Berichten nach, denen zufolge Zaniar Moradi zum Zeitpunkt seiner Festnahme erst 17 Jahre alt gewesen sein soll.

Zaniar Moradi und Loghman Moradi waren am 1. August beziehungsweise 17. Oktober 2009 in Marivan festgenommen und anschließend neun Monate lang vom Geheimdienstministerium in Haft gehalten worden. Während dieser neun Monate ist keine Anklage wegen Mordes gegen sie erhoben worden. Beide Männer wurden mehrfach in verschiedene Hafteinrichtungen verlegt, bevor man sie schließlich etwa Anfang Dezember 2010 in Trakt 4 des in Karaj nordwestlich von Teheran gelegenen Gefängnisses Raja’i Shahr einwies. Von dort schrieben sie einen Brief, in dem sie ausführten, während ihrer Vernehmung durch Angehörige des Geheimdienstministeriums zu dem "Geständnis" gezwungen worden zu sein, den Sohn des Geistlichen ermordet zu haben. Zuvor, so Zaniar Moradi und Loghman Moradi, in ihrem Schreiben, seien sie 25 Tage lang gefoltert und mit Vergewaltigung bedroht worden. Keiner der beiden Männer wurde angemessen medizinisch versorgt.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN

In ihrem im Gefängnis verfassten Brief gaben Zaniar Moradi und Loghman Moradi an, dass Zaniar während seiner Vernehmung durch Angehörige des Geheimdienstministeriums wiederholt nach seinem Vater Eghbal Moradi befragt worden ist, der in der irakischen Provinz Kurdistan lebt. Zaniar Moradi beschreibt in dem Brief, wie er an ein Bett gefesselt, ausgepeitscht und ihm Vergewaltigung angedroht worden ist, bis er schließlich ein "Geständnis" abgelegt habe.

Die Kurden stellen eine der vielen Minderheiten im Iran dar. Ihre Siedlungsgebiete finden sich überwiegend im Westen und Nordwesten des Landes, in der Provinz Kurdistan und in Provinzen, die an von Kurden bewohnte Regionen der Türkei und des Irak angrenzen. Bei der Wahrnehmung ihrer religiösen, wirtschaftlichen und kulturellen Rechte erleiden die KurdInnen Diskriminierung. Kurdische Organisationen wie die Kurdische Demokratische Partei des Iran (KDPI) und die marxistisch ausgerichtete Gruppierung Komala haben der Islamischen Republik Iran den bewaffneten Kampf erklärt, sind jedoch derzeit militärisch nicht aktiv. Die 2004 gegründete Partei für ein freies Leben in Kurdistan (PJAK) verübte anfänglich Anschläge gegen iranische Sicherheitskräfte, hat aber 2009 einen Waffenstillstand verkündet. Allerdings kommt es nach wie vor zu bewaffneten Zusammenstößen mit den Sicherheitskräften, die die PJAK als "Selbstverteidigung" bezeichnet. Seit April 2011 ist eine Zunahme der Kampfhandlungen zwischen bewaffneten kurdischen Gruppen und den Sicherheitskräften zu verzeichnen. Von August bis Anfang Oktober 2011 haben Einheiten des iranischen und türkischen Militärs grenznahe Gebiete unter Beschuss genommen, in denen sie Stützpunkte der bewaffneten Arbeiterpartei Kurdistans PKK und der PJAK vermuteten. Ein Ersuchen der PJAK um umfassenden Waffenstillstand wies die iranische Seite Berichten zufolge in der ersten Septemberwoche ab.

Amnesty International lehnt Anschläge auf Zivilpersonen wie etwa RichterInnen, Geistliche und gewählte VolksvertreterInnen bedingungslos ab. Anschläge auf ZivilistInnen stellen eine Verletzung fundamentaler Grundsätze des humanitären Völkerrechts dar, die ein ausdrückliches Verbot solcher Anschläge wie auch der Anwendung wahlloser und unverhältnismäßiger Gewalt enthalten. Für derartige Gewaltakte gibt es keinerlei Rechtfertigung.

Derzeit sitzen vermutlich mindestens 13 kurdische Männer und eine Frau in den Todestrakten ein. Die Gefangenen stehen im Verdacht, verbotenen kurdischen Organisationen anzugehören oder für solche Organisationen tätig zu sein. Einige von ihnen waren zunächst zu Freiheitsstrafen verurteilt worden, später erging gegen sie die Todesstrafe. In den zurückliegenden Jahren sollen mindestens zehn aus politischen Gründen zum Tod verurteilte KurdInnen hingerichtet worden sein.
Seit 1990 sind im Iran mindestens 51 Menschen wegen Straftaten hingerichtet worden, die sie im Alter von unter 18 Jahren begangen hatten. Bis zu vier dieser Hinrichtungen haben 2011 stattgefunden. Am 21. September 2011 wurde in der nahe Teheran gelegenen Stadt Karaj der 17 Jahre alte Alireza Molia-Soltani in aller Öffentlichkeit durch den Strang hingerichtet (Siehe: Iran executes teenager accused of killing "Iran’s strongest man" , 21 September 2011, http://www.amnesty.org/en/news-and-updates/iran-executes-teenager-accuse…. Amnesty International hat eine Liste mit den Namen von 144 in den Todestrakten iranischer Gefängnisse einsitzenden jugendlichen Straftätern zusammengestellt, wobei es sich allerdings als schwierig erweist, das weitere Schicksal all dieser Gefangenen im Auge zu behalten.

Das Völkerrecht verbietet die Hinrichtung jugendlicher Straftäter. Entsprechende Vorschriften finden sich unter anderem in Artikel 6, Absatz 5 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte (IPBPR) sowie in der UN-Kinderrechtskonvention. Der Iran ist Vertragsstaat beider genannten Abkommen. Im Iran des Mordes schuldig gesprochene Menschen haben unter Verstoß gegen Artikel 6, Absatz 4 des IPBPR kein Recht, um Umwandlung des Todesurteils nachzusuchen oder einen Antrag auf Begnadigung zu stellen. Es bleibt vielmehr den Familien der Mordopfer überlassen, ob sie sich für die Hinrichtung der TäterIn entscheiden oder aber finanzielle Widergutmachung (diyeh) akzeptieren. Weitere Informationen zum Thema finden Sie in dem Dokument Iran: The last executioner of children (MDE 13/059/2007), http://web.amnesty.org/library/index/engmde130592007.

http://www.amnesty.de/urgent-action/ua-307-2011/iranischen-kurden-droht-hinrichtung?destination=node%2F5309